Habt Ihr Lust auf eine kleine Wanderung mit jeder Menge Geschichte? Von Karlshagen aus geht es auf den Spuren der V1 bis nach Peenemünde. Unterwegs seht Ihr viele Überreste aus der Zeit als Peenemünde im Zweiten Weltkrieg militärisches Zentrum war. In der dortigen Heeresversuchsanstalt – von 1936 bis 1945 das größte militärische Forschungszentrum Europas – wurden verschiedene Raketen, wie zum Beispiel die weltweit ersten Marschflugkörper und die ersten funktionierende Großrakete, entwickelt und damit auch ein Grundstein für die moderne Raumfahrt gelegt. Eine gemütliche Wanderung auf der Insel Usedom, auf der es jede Menge zu entdecken gibt.
Start in Karlshagen – Ein Paradies für Naturliebhaber
Unsere Reise beginnt im charmanten Ort Karlshagen, einem wahren Juwel an der Ostsee. Bekannt für seinen breiten, feinsandigen Strand, ist Karlshagen der perfekte Ausgangspunkt für unsere Wanderung. Bevor wir uns auf den Weg machen, lohnt sich ein kurzer Abstecher zum Strand. Hier könnt Ihr den salzigen Duft des Meeres einatmen und die sanften Wellen beobachten, die an den Ufer schlagen – ein herrlicher Start in den Tag, bevor es auf Wanderschaft geht.
Doch unsere Wanderung geht nicht etwa am Strand entlang – was übrigens auch möglich ist und für Euch eine Idee für den Rückweg ist – sondern auf der Südseite der Insel durch den Wald. Wie schon oben erwähnt, solltet Ihr dabei unbedingt immer auf den Wanderwegen bleiben, da das Gebiet (ähnlich wie der Truppenübungsplatz Münsingen) immer noch stark kampfmittelbelastet ist. Seid also bitte vorsichtig und geht nicht von den Wegen ab, dann erwartet Euch eine schöne Wanderung.
Die Strecke führt übrigens sehr oft an der Bahnstrecke Karlshagen-Peenemünde entlang. Noch ein Grund, auf dem Wanderwegen zu bleiben.
Der alte Bahnhof Karlshagen-Siedlung
Ein erster Stopp auf der Wanderung ist der alte Bahnhof Karlshagen-Siedlung. In der Siedlung in Karlshagen leben bis 1945 die Arbeiter der Rüstungsindustrie in Peenemünde. Über den alten Bahnhof wurden Sie jeden Tag zu ihren Arbeitsplatz und wieder zurück gebracht.
Heute ist nur noch die alte Unterführung zu sehen, die inzwischen aber überflutet und nicht mehr zu betreten ist.
Entlang der kompletten Wanderung gibt es übrigens immer wieder tolle Schilder mit vielen Informationen und Details. Mit Aussagen von Zeitzeugen versetzt, nehmen einen diese sogar mit in diese vergangene Zeit. So wird der Wanderweg noch spannender.
Luftschutzbauten aus vergangenen Zeiten
Entlang des Wanderweges findet Ihr nun immer wieder verschiedene Luftschutzbauten wie diverse Bunker, aber auch einige Splitterschutzröhren aus der Zeit der Heeresversuchsanstalt, die es nur noch selten zu sehen gibt. Auch hier gibt es ein Informationsschild und anhand der Berichte von Zeitzeugen, wie sie eine Bombardierung in eben diesem Rohr erlebt haben, lässt einem einfach nur kalte Schauer über den Rücken laufen. Man kann sich den Schrecken dieser Nacht gut vorstellen und leidet mit den Anwesenden mit.
Beeindruckend sind auch die Explosionskrater, die sich überall vom Wegesrand aus zu sehen im Wald finden. Die Löcher sind teilweise wirklich riesig und einfach nur beeindruckend. Da hier noch viele Blindgänger im Boden liegen, solltet Ihr aber wirklich nur vom Weg aus schauen, um Euch nicht in Gefahr zu bringen.
Das Materiallager und die Verladerampe des Versuchsserienwerk
Nach einer Weile erreicht Ihr weitere Ruinen. Die gehören zur Verladerampe einer geplanten Materiallagerhalle für das Versuchsserienwerk Peenemünde. Von dieser wurde jedoch nur die Bodenplatte und der Gleisanschluss fertiggestellt, bevor der Bau dem Kriegsende zum Opfer fiel.
Gleise findet man hier nicht mehr, aber die Bodenplatte kann man noch sehr gut erkennen.
Die Reste der Fernwärmeleitung
Kurz hinter der Verladestation findet Ihr dann die Reste der Fernwärmeleitung. Vom Kraftwerk Peenemünde führte einst eine Fernwärmeleitung zu verschiedenen Gebäuden der Heeresversuchsanstalt und einigen Siedlungen. In diesen wurde 132° heißer Dampf transportiert. Die Reste der Leitungen tauchen immer wieder einmal neben dem Wanderweg auf, sind hier aber besonders gut zu bestaunen.
Die Hauptwache – Der Eingang nach Peenemünde
Die Hauptwache befand sich am Eingang des Geländes zur Heeresversuchsanstalt und der Versuchsstelle der Luftwaffe. Sämtlicher Straßenverkehr in und aus den Werken wurde hier kontrolliert.
Auf dem Areal befanden sich mehrere Gebäude, von denen heute noch die Überreste zu sehen sind.
Entlang der Zugstrecke durch pure Natur
Nun verlassen wir die historischen Pfade für einen Moment. Parallel zur Bahnstrecke nach Peenemünde geht es nun ein Stück durch die pure Natur. Perfekt, um einen Moment die Seele baumeln und das Gesehene auf sich wirken zu lassen. Und mit etwas Glück könnt Ihr auch ein Foto von der Bäderbahn Usedom machen. Die Züge kommen hier regelmäßig vorbei.
Das ehemalige Sauerstoffwerk
Nun erreicht Ihr die ersten Gebäude von Peenemünde und sofort fällt einem das riesige Gebäude des ehemaligen Sauerstoffwerk ins Auge. Der hier hergestellt Sauerstoff wurde als ein Teil des Antriebsstoffs für die Rakete A4 (V2) benötigt. Dieser wurde damals in Kesselwagen zu den zu befüllenden Raketen in die Prüfstände in Peenemünde geliefert.
Heute ist das Gebäude extrem einsturzgefährdet und darf nicht mehr betreten werden. Aber man kann sich noch vorstellen, welch beeindruckender Bau dies einst war. Schade, dass man es so verfallen lassen hat.
Das Historisch-Technische Museum Peenemünde und die ehemalige Bunkerwarte
Wer sich jetzt noch mehr über die Geschichte der Heeresversuchsanstalt Peenemünde interessiert, der sollte unbedingt im Historisch-Technischen Museum vorbei schauen. Die Ausstellungen dort dokumentieren, wer in Peenemünde arbeitete, wie die Menschen lebten und warum die enorm aufwändigen Waffenprojekte durchgeführt wurden. Von den Anfängen in der 1920er Jahren über den „erfolgreichen“ Einsätzen der entwickelten Raketen bis hin zur Zerstörung der Heeresversuchsanstalt zum Ende des Zweiten Weltkrieg. Hier wird die komplette Geschichte erzählt. Und natürlich gibt es auch viele Modelle der Raketen hier ausgestellt.
Vor dem Eingang des Historisch-Technischen Museum befindet sich die ehemalige Bunkerwarte. Der ehemalige Luftschutzbunker diente früher mit seinen zwei Meter dicken Wänden als Schaltwarte des Kraftwerks Peenemünde.
- Adresse: Im Kraftwerk, 17449 Peenemünde
- Öffnungszeiten: April-September Täglich 10:00 Uhr-18:00 Uhr | Oktober-März 10:00 Uhr-16:00 Uhr | November-März Montags geschlossen
- Eintritt: Erwachsene 12,00 € | Kinder 2,00 €
- Weitere Informationen: museum-peenemuende.de
Die Gedächtniskapelle
Die Gedächtniskapelle dient heute mehr der Erinnerung als als aktueller Friedhof. Während die Kapelle selbst aus dem Jahr 1876 stammt, wurde hier in der 1960er Jahren ein Massengrab entdeckt. Bei den Toten handelt es sich um Häftlinge des Arbeitslagers des KZ Karlshagen sowie der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, die hier von Dezember 1944 bis März 1945 beigesetzt wurden.
1968 wurden die Toten zwar umgebettet, der Friedhof erinnert aber heute noch an die Menschen, die hier Ihr Leben verloren.
Die Wanderung nach Peenemünde im Überblick
Für den Rückweg nach Karlshagen haben wir die Bäderbahn genutzt. Ihr könnt aber natürlich auch – zum Beispiel über den Strand – zurück wandern. Das bleibt ganz euch überlassen.
Wer übrigens nicht nur die Infoschilder lesen, sondern noch mehr über die Geschichte der Gegen erfahren möchte, der sollte sich die „Peenemünde Denkmal-Landschaft“- App (Android | IOS) anschauen und herunterladen. In dieser findet Ihr Informationen zu 23 historisch interessanten Stationen der ehemaligen Peenemünder Versuchsanstalten.
Ihr habt Lust bekommen, selbst einmal nach Peenemünde zu wandern? Dann gibt es hier meine Wanderung noch einmal in der Übersicht und als GPS-Download. Viel Spaß beim Nachwandern!
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