Heute ist Welt-Museumstag. Grund genug, Euch ein weiteres Museum vorzustellen. Willkommen im Webereimuseum in Laichingen. Hier erfahrt Ihr alles über die Geschichte der Leinweber und der Weberei. Laichinger Damast und Wäsche galt lange Zeit als absolute Wertarbeit und hat bis heute einen guten Namen in aller Welt. Laichinger Bettwäsche durfte noch vor 50 Jahren bei keiner Aussteuer fehlen. Selbst für Schloss Neuschwanstein wurde Ware gefertigt. Kein Wunder also, dass die Stadt diesem Thema ein ganzes Museum gewidmet hat.
Wie komme ich zum Webereimuseum?
Das Webereimuseum findet Ihr in der Kirchenburg von St. Alban in Laichingen. Durch das große Garagentor werden die Räume betreten, die sich über mehrere Etagen in dem alten und wie ursprünglich erbaut engen Fachwerkhaus erstreckt. So kann man sofort tief in die Geschichte eintauchen und bekommt ein echtes Gefühl dafür, wie die Menschen damals lebten.
Leider hat der Webereimuseum nicht ständig geöffnet, sondern nur von April bis Oktober an jedem ersten Sonntag im Monat sowie an Ostern und Pfingsten. Die Mitglieder des Fördervereins öffnen die Tore aber auch außerhalb dieser Zeit auf Anfrage.
Die Geschichte der Leinweberei in Laichingen
Die Leinweberei hat auf der Schwäbischen Alb eine lange Tradition und reicht bis ins Mittelalter zurück. Bereits aus dem Jahr 816 gibt es Urkunden, die die Leinenweberei im Schwäbischen bezeugen. Aus dem Jahr 1425 stammt der erste urkundliche Nachweise der Leinenweberei in Laichingen. Arbeiteten die Weber am Anfang hautsächlich im Auftrag der Ulmer Kaufmannschaft, wurde wie später durch die Uracher Leinenweberordnung gezwungen nach Württemberg zu verkaufen. Um 1825 gab es in Laichingen bereits 214 Leinenwebmeister, zur absoluten Blütezeit der Leinenweberei kam auf 5 Einwohner ein Webstuhl.
Durch die Industrialisierung und technische Entwicklungen wurde die Leinweberei allerdings in der Folgezeit immer mehr vereinfacht, es wurden große Firmen gegründet, die teilweise bis heute existieren. Zusätzlich zur Weberei kamen kunstvolle Stickereien hinzu, die Laichinger Wäsche zu etwas besonderem machte. So konnte dieser Wirtschaftszweig auch beide Weltkriege relativ unbeschadet überleben. 1954 arbeitet 84% der arbeitenden Bevölkerung von Laichingen in der Wäscheindustrie. Erst 1960 gibt es im Ort keine Handweber mehr, alles wird maschinell hergestellt.
Doch noch heute zeugen Unternehmen wie die Firma Pichler und die Wäschekrone Laichingen von dieser alten Tradition.
Das Leben der Leinenweber – ausgestellt im Webereimuseum
Das Leben der Leinenweber war hart, davon zeugt das Webereimuseum deutlich. Die Webstühle waren im kalten, dunklen und oft feuchten Keller, der sogenannten Dunk, untergebracht. Infektionskrankheiten sowie Gicht und Rheuma war so Tür und Tor geöffnet. Im Webereimuseum ist eine solche Dunk nachgestellt und verursacht nur beim hineinschauen Beklemmungen. Zudem war der Lohn extrem gering und die Absatzmöglichkeiten nicht nur auf Grund der Streitigkeiten zwischen Ulm und Urach extrem unsicher. Kein leichtes Los für die Einwohner der Stadt. Trotzdem verloren sie nie ihren Mut und liesen sich nicht unter kriegen. Auch davon erzählt das Webereimuseum. Wundervoll gestickte Bilder, die zu Feiertagen wie Hochzeit und Taufe hergestellt wurden zeugen von dem Wunsch nach einem schönen Leben.
Durch die Industrialisierung änderte sich viel für die Leinenweber. Im Webereimuseum kann man hier jede Menge Handwebstühle und auch elektrische Webstühle entdecken und begutachten. So wird Schritt für Schritt die technische Entwicklung nachvollzogen. Dazu gibt es immer jede Menge Informationen, die von der Geschichte berichten.
Zudem gibt es Informationen zu der ehemaligen Webschule, die 1873 gegründet und 1961 auf Grund der rückläufigen Entwicklung der Textilindustrie geschlossen wurde.
Stadtgeschichte im Webereimuseum
Neben dem Leinenweben geht das Museum auch auf die Stickerei sowie die sich später entwickelnde Kaffeerösterei ein. So wird die gesamte wirtschaftliche Entwicklung in Laichingen beleuchtet – vom Mittelalter bis heute. Ein sehr spannender Ausflug in die Vergangenheit.
Im Webereimuseum gibt es zudem über den Stadtbrand 1832, vom Hungerjahr 1816 und von der Eröffnung der Windmühle in Laichingen am 20. Dezember 1902. Von dieser existiert inzwischen nur noch das Gebäude, das sich auf dem Bleichberg befindet. Auch von einer Rettung dreier Kinder, die in die Hüle, die sich auf dem heutigen Marktplatz befand, eingebrochen waren und zu ertrinken drohten wird berichtet.
So beleuchtet das Museum alle wichtigen geschichtlichen Fakten der Stadt.
Daniel Mangold und das Weberlied
Daniel Mangold (1853 – 1935) ist wohl einer der wichtigsten Söhne der Stadt und natürlich wird auch er im Webereimuseum vorgestellt. Als Sohn eines Leinenwebers geboren wollte er der Armut (der Wochenlohn eines Webers betrug damals 12-15 Kreuzer, ein Scheffel Korn kostete 540 Kreuzer) entfliehen. So begann er neben seiner Arbeit als Weber mit der Schriftstellerei. Er schaffte es sogar einige Zeit Vorlesungen an der Universität in Tübingen zu besuchen. Kurze Zeit später kehrte er jedoch wieder nach Laichingen zurück. So blieb sein „literarisches Werk“ leider hinter seinem Talent zurück.
Sein wichtigstes Werk ist dabei wohl das Weberlied, dass vom Alltag der Weber berichtet:
Viel höher als die hohe Schul.
Jesu halte mit mir Schul
Wenn ich sitz im Weberstuhl.
Unterweise mich fortan
Auf der rechten Lebensbahn.
Lass bei jedem Schritt und Tritt
Gehen Deine Gnade mit.
Und wenn ich die Schemel tret,
Ich auf zu dem Heiland bet,
Daß ich Gottes Willen tu
Und in Gottes Frieden ruh.
Wenn ich einen Faden bind,
So versetze mich geschwind
Hin im Geist auf Golgatha,
Wo man Dich hebend sterben sah.
Wenn mir eine Schnur zerreißt,
Schenk mir deinen sanften Geist,
Der mich fest mit Dir verbind
Und mach mich zu Gottes Kind.
Und wenn ich mein Garn dann schlicht`
Sei, Herr, meine Zuversicht,
kehr mit Deiner Gnade ein
Daß mein Herz wird schön und rein.
Zieh ich meine Ware aus,
Ach, so zieh auch mich heraus
Von dem Sündenschlamm, dass ich
Dir diene gern und williglich.
Wenn ich meine War aus putz,
So nimm allen Sündenschmutz,
Jesu, durch Dein Blut von mir,
Daß ich werde dir zur Zier.
Wenn die War geliefert wird,
Laß mich denken, daß einst wird
Alles vor Gott offenbar,
Was geheim geschehen war.
Wenn ich meinen Lohn bekomm,
Denk ich: All mein Gut und Fromm
Reicht nicht aus, vor Gott zu stehn:
Gnade ist´s worum ich fleh.
Hörts wie den Posaunenschall,
Weberbrüder überall!
Das Webereimuseum mit Kindern besuchen
Ich persönlich empfehle, das Webereimuseum eher mit etwas älteren Kindern zu besuchen. Die Geschichte ist zwar interessant und sehr gut aufgearbeitet, kann allerdings für kleinere Kinder auch schnell langweilig werden.
Für Kinder (und auch Erwachsene) bietet das Webereimuseum unter anderem die Möglichkeit einmal selbst zu weben. So kann man sich vorstellen, wie mühsam es gewesen sein muss, diese Arbeit den ganzen Tag und Tag für Tag durchzuführen.
So gibt es für jeden in der Familie viel interessantes zu erfahren und man lernt viel darüber, wie anstrengend das Leben in früheren Zeiten war. Von mir gibt es also eine ganz klare Besuchsempfehlung.
- Öffnungszeiten: Ostern bis 31. Oktober: jeden 1. Sonntag im Monat und an Feiertagen von 13 – 17 Uhr.
Gruppenführungen sind nach Vereinbarung auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich
Telefon: 07333 / 21279 - Adresse: Weite Straße 41, 89150 Laichingen
- Weitere Informationen: www.tiefenhoehle.de/weberei-und-heimatmuseum
- Du möchtest mehr über die Stadt erfahren? Dann komm mit mir auf einen Spaziergang durch Laichingen.
- Noch mehr Geschichte gibt es auf einer Wanderung rund um die Stadt zu entdecken.
- Hoffentlich kein kurzes Gastspiel sondern eine neue Tradition ist der Kreuzweg in Laichingen.
- Berühmt ist Laichingen auch für seine Tiefenhöhle
- Noch mehr Hülen und Höhlen könnt Ihr auf dieser Wanderung entdecken
- Hier erfahrt Ihr, wie Ihr Museen auch virtuell besuchen könnt
- Nicht ganz günstig, aber für Geschichtsinteressierte sicher lesenswert ist diese Buch „Weben und Überleben in Laichingen, 1650 – 1900*„
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