Die Wehrkirche in Kaltensundheim

Die Wehrkirche in Kaltensundheim -Verstecktes Kleinod in der Rhön

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Ich bin ja ein großer Fan von Entdeckungen am Wegesrand. Oftmals fahre ich eine Strecke und denke mir, über jeden Ort gibt es eine Geschichte zu erzählen und etwas zu entdecken. Einmal ganz abseits der von Touristenströmen breitgetretenen Pfade, aber nicht minder interessant und wunderschön. Wie zum Beispiel die alte Wehrkirche St. Albanus in Kaltensundheim. Sie thront über dem Ort und ist schon von weitem sichtbar. Sie besticht durch Ihre Schlichtheit und Eleganz und ist auf jeden Fall immer einen Besuch wert.

Chorturm Kaltensundheim

Wie komme ich nach Kaltensundheim

Kaltensundheim befindet sich in der thüringischen Rhön im Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Der kleine Ort lag früher fast im Sperrgebiet an der Grenze zu Bayern und Hessen. Heute nutzt Ihr am besten die A71 – Ausfahrt Meiningen oder Mellrichstadt. Auch von Fulda her ist Kaltensundheim nach einem tollen Ausflug über die Rhön erreichbar.

Die alte Schule Kaltensundheim
Der Friedhof Kaltensundheim

Geschichtliches zur Wehrkirche

Die Wehrkirche von Kaltensundheim blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Bereits im 12. Jahrhundert gab es an dieser Stelle eine erste Kirche, die im Laufe der Zeit mehrfach erweitert und umgebaut wurde. Im späten Mittelalter – etwa im 15. Jahrhundert – wurde das Gotteshaus zur Wehrkirche ausgebaut, um den Bewohnern des Rhöndorfes in kriegerischen Zeiten Schutz zu bieten. Diese Umgestaltung war eine direkte Reaktion auf die unsicheren Verhältnisse jener Epoche, in der marodierende Banden, regionale Fehden und überregionale Konflikte das Leben in ländlichen Regionen bedrohten.

Ein verwitterter Torbogen aus Stein und Ziegeln umrahmt den Blick auf Kaltensundheim, wo Häuser mit roten Dächern auf grasbewachsenem Boden stehen und sich in der Ferne Hügel unter einem teilweise bewölkten Himmel erheben.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche mehrfach beschädigt und geplündert, konnte jedoch dank des Engagements der Dorfgemeinschaft immer wieder instand gesetzt werden. Besonders im 17. und 18. Jahrhundert erlebte das Gebäude eine Phase der Neugestaltung: Der Innenraum wurde barockisiert, und die Emporenmalereien sowie der heutige Kanzelaltar wurden eingebaut. Seitdem blieb die Kirche weitgehend im heutigen Zustand erhalten und ist heute ein wichtiges Zeugnis der thüringischen Kirchenbaukunst und des ländlichen Lebens im Wandel der Jahrhunderte.

Vom Dorf aus führt ein gepflasterter Weg durch ein Torhaus – in dem sich früher die Schule befand – zur Kirche. Das Tor zum Friedhof in der Ostmauer wurde erst nachträglich eingelassen, wie Inschriften von 1600, 1727 und 1826 belegen.

Mauerinschrift Kaltensundheim

Die Architektur von St. Albanus in Kaltensundheim

Die Wehrkirche Kaltensundheim ist ein typisches Beispiel für einen mittelalterlichen Kirchenbau mit Verteidigungsfunktion. Der Baukörper ist aus massiven Bruchsteinen errichtet, mit kleinen, hoch sitzenden Fenstern, die Schutz vor Angreifern boten. Besonders markant ist der gedrungene Turm, der ursprünglich als Fluchtturm diente und durch seine dicken Mauern sowie Schießscharten deutlich macht, dass hier nicht nur gebetet, sondern im Ernstfall auch verteidigt wurde.

Die Kirche besitzt eine rechteckige Saalkirche mit einem leicht eingezogenen Chorraum. Der Turm ist in den Westteil integriert und überragt das Kirchenschiff. Ein umlaufender Wehrgang mit Schießscharten war früher Teil der Anlage, von dem heute noch Reste sichtbar sind. Auch die Umfassungsmauer des Kirchhofs war einst Teil des Verteidigungskonzepts. Im Vergleich zu großen Stadt- oder Klosterkirchen wirkt der Bau schlicht und funktional – doch gerade diese Klarheit verleiht ihm eine besondere Ausstrahlung. Die Kombination aus sakraler Nutzung und Wehrarchitektur macht die Kirche zu einem einzigartigen Ort mit hoher historischer Authentizität.

Torbogen zur Wehrkirche Kaltensundheim

Im Inneren der Wehrkirche von Kaltensundheim

Vor kurzem hatte ich endlich auch einmal die Gelegenheit, einen Blick ins Innere der Wehrkirche zu Werfen und es hat sich gelohnt, denn die Innenausstattung der Wehrkirche Kaltensundheim erzählt auf eindrucksvolle Weise von der langen Geschichte des Gotteshauses und den Menschen, die es über Jahrhunderte hinweg prägten. Wer die dicke Holztür durchschreitet, betritt einen schlichten, aber wirkungsvollen Innenraum, der sowohl sakrale Würde als auch die einstige Schutzfunktion der Kirche widerspiegelt.

Auf dem kunstvollen Balkon der Kaltensundheimer Kirche hängen eine große Pfeifenorgel und dekorative rote Herzgirlanden von der Decke. Licht fällt ein und beleuchtet die geschnitzten Geländer und religiösen Symbole darunter.

Zunächst fällt der Blick auf die doppelstöckige Empore, die sich an drei Seiten des Kirchenschiffs entlangzieht. Die Emporen stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert und zeigen an ihren Brüstungen farbig bemalte Bibelsprüche sowie ornamentale Verzierungen. Besonders auffällig sind die kunstvoll gestalteten Malereien an der Ostempore, die Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zeigen und von hohem volkskünstlerischem Wert sind.

Eine Holzschnitzerei des Letzten Abendmahls steht auf einem Regal zwischen zwei Blumenvasen und zwei Kerzen, an einer Wand hängt eine große, gravierte Gedenktafel mit deutschem Text und Bezug auf Kaltensundheim.

Der Kanzelaltar bildet das Herzstück des Chorraums. Er stammt aus der Zeit des Barock und ist in zarten Pastelltönen gefasst, mit goldenen Akzenten und reichem Schnitzwerk. Die Kanzel selbst ruht auf einer hohen, säulenartigen Basis und wird von einem Schalldeckel bekrönt, der mit einer kleinen Christusfigur verziert ist. Die Altarflügel zeigen Darstellungen aus dem Leben Jesu.

Eine sechseckige hölzerne Kirchenkanzel mit aufgemalten religiösen Figuren, umgeben von einem herzförmigen Drahtrahmen, steht auf einem Steinsockel in der Nähe weißer Treppen und Bogenfenster in Kaltensundheims sonnendurchflutetem Raum mit Ziegelboden.

Auch das Taufbecken ist ein Schmuckstück der Kirche. Es besteht aus Sandstein und wurde vermutlich im 16. Jahrhundert gefertigt. Der Deckel aus Holz wurde später ergänzt und trägt einfache, aber elegante Schnitzereien.

Eine verzierte Kirchenorgel mit kunstvollen Schnitzereien und einem Wappen in Kaltensundheim ist von unterhalb eines Balkons aus zu sehen. Von der Decke hängen rote Herzdekorationen, und rechts sind Liedernummerntafeln zu sehen.

Nicht zuletzt verdient die Orgel Beachtung: Sie wurde im 19. Jahrhundert eingebaut und verfügt über einen angenehm warmen Klang, der gut mit der Akustik des Raumes harmoniert. Trotz ihrer Wehrhaftigkeit strahlt die Kirche im Inneren eine unerwartete Leichtigkeit und spirituelle Wärme aus – ein Ort des Innehaltens, der Geschichte atmet.

Drei bemalte Tafeln auf einem grauen Holzbalkon in Kaltensundheim zeigen historische oder mythologische Szenen: eine Frau mit Kindern, eine nackte Figur neben einem Baum und eine dramatische Begegnung zwischen zwei gepanzerten Figuren in der Nähe einer Stadt.

Fazit – Kommt doch vorbei

Und wenn ich Euch nun neugierig gemacht habe, dann stattet Kaltensundheim doch einmal einen Besuch ab. Ihr folgt damit übrigens auch den Spuren von Johann Wolfgang von Goethe, der 1780 anlässlich einer Inspektionsreise zwecks Flurbewässerung des Feldatales im Gasthaus „Zur Guten Quelle“ übernachtete, welches auch heute noch mit der Goethestube, Restaurant, Biergarten und einer Bundeskegelbahn zum Besuch einlädt.

Ihr könnt das Ganze zum Beispiel auch – so wie wir – mit einem Besuch im Freilandmuseum Fladungen verbinden. Dort könnt Ihr noch mehr über die Geschichte der Rhön erfahren.

Und für alle, die einmal einen Gottesdienst in Kaltensundheim besuchen möchten – Ihr findet alle Termine auf der Seite der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands

Wehrmauern Kaltensundheim
Denkmal in Kaltensundheim
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Zum Weiterlesen

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